Leistungsdiagnostik im Trailrunning Von unnötig bis unentbehrlich

Laktattests, und was dahinter stecken (kann)

Dies hören nun die einen oder anderen – sei es Sportmediziner wie auch Sportler – wahrscheinlich nicht gerne, aber dies ist meine ehrliche und offene Meinung: Wer schon einmal in einem sportmedizinischen Institut eine Laufbandtestung gemacht hat und zum Schluss nur die Übersicht seiner aktuellen Trainingsbereiche erhalten hat, versäumt einiges! Wenn die Lauftestung indes draußen stattfindet, dort, wo das Leben stattfindet, kann der Tester auch gleich den Bewegungsablauf mit zunehmender Geschwindigkeit beobachten. Wird am Ende jeder Stufe das subjektive Gefühl des Läufers miteinbezogen, dann ist die Testung ein wertvolles Instrument. Dem Prinzip der Individualisierung wird, wie schon im letzten Blog-Beitrag ausgeführt, Rechnung getragen. Eine Laktattestung am Laufband in einem sterilen Institut, das einfach (mehr oder weniger) unkommentiert Werte an den Trainer weitergibt, ist aus meiner Sicht aber entbehrlich – zumal man sich vor Augen führen muss, dass eine sportliche Testung die jeweilige Bewegungsökonomie bei einer bestimmten Betätigung misst. Jemand, der meist draußen unterwegs ist, wird am Laufband nicht sehr ressourcenschonend laufen können. Wie ökonomisch kann er (oder sie) sich also auf dem Laufband (fort)bewegen?

Testungen unter Laborbedingungen haben mit dem wirklichen Leben so wenig zu tun wie der Straßenläufer mit dem Trailläufer, wenngleich es natürlich Parallelen gibt. Solche Testungen wurden vorrangig für wissenschaftliche Zwecke entwickelt – und nicht primär für die Trainingssteuerung. Im wissenschaftlichen Diskurs geht es immer um Mittelwerte, und diese haben mit Individualität wenig am Hut. Ich bin jedenfalls froh, kein Mittelwert zu sein: Lieber bei Wind und Wetter eine Laufschwelle draußen feststellen und festhalten, als anonym unter Laborbedingungen drin! Denn: Das Leben spielt sich draußen ab!

Um den Laktattest ranken sich somit viele Mythen, für die einen ist er „unentbehrlich“, die anderen sagen: „Das braucht kein Mensch.“

Was kann denn nun alles aus der Testung abgelesen werden?

Im Prinzip erhält man eine graphische Zusammenschau der erbrachten Leistung. Hier wird der Zusammenhang zwischen der gelaufenen Geschwindigkeit, also der Laufleistung, der daraus resultierenden Herzkreislaufbeanspruchung und der Stoffwechselsituation hergestellt. Das ergibt dann den charakteristischen Kurvenverlauf des Laktats und zeigt das lineare Anstiegsverhalten der Herzfrequenz. Nun kann zu jeder x- beliebigen Geschwindigkeit eine Aussage zur Bewegungsökonomie getroffen werden. Aus dem Anstiegsverhalten der Kurve wird ein Stärken/ Schwächen-Profil erstellt. Somit bekommt man einen genauen Bereich, welcher in nächster Zeit vorrangig zu bedienen ist. Eine Einschätzung über die bisherige Verteilung von Grundlage zu Intensität wird vorgenommen, und die Trainingsbereiche werden aktualisiert. Findet der Test draußen statt, wird die Laufökonomie ebenfalls miteinließen. Es macht einen Unterschied aus, ab welchem Tempo das Laufmuster „unrund“ wird. Meist passen diese motorischen Änderungen auch mit einem verstärkten Anstieg der Laktatkurve überein. Hier können kleine technische Korrekturen oder auch Tipps zur dynamischen Rumpfkräftigung gleich mit nach Hause genommen werden.

Hilfe zu Selbsthilfe!

Die Testung kann bzw. soll auch dazu dienen, die Selbstkompetenz zu stärken und eigenverantwortlich zu handeln. Wer sich aber auch hier den Luxus gönnen will und die Daten gleich in eine entsprechende Planung überführt haben will, ist mit einem individuell angepassten Trainingsplan ebenfalls gut bedient.

So gesehen hat die Laktattestung als eine persönliche Trainingseinheit einen ungeheuren Mehrwert und zeigt, wo man sich gerade auf dem Weg befindet. Auf dem Weg, das ist draußen: dort, wo sich das Leben abspielt. Laktattestungen, so wie ich sie meine, biete ich auch in meiner Tätigkeit als Sportwissenschaftler an.

Und diesem Bereich werde ich in meinem kommenden Buch ein ausführliches Kapitel widmen!

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